Die Pandemie, die 2020 unseren Alltag und unsere Routinen auf den Kopf gestellt hat, wird unser Leben und Arbeiten sehr wahrscheinlich auch 2021 bestimmen. Mit welchen Auswirkungen mittel- und langfristig zu rechnen ist, vermag heute niemand zu sagen. Dennoch haben wir einen Blick in die Glaskugel gewagt und mit langjährigen Marktexperten aus unserem Haus über die Trends und unmittelbare Zukunft des Sicherheitsmarktes gesprochen.
VIEW: Mut machen dürfte dieser Tage eine Prognose von BHE und ZVEI, die für Deutschland in diesem Jahr ein Wachstum um ca. 6 % voraussagen. Beate, welche Trends stützen aus deiner Sicht diese optimistische Wachstumsprognose?
Beate Meyer-Young (BMY): Im Grunde alles, was Physical Security für den Endanwender besser und einfacher macht. Unter den Trends sehen wir zum Teil alte Bekannte, allerdings mit dem Unterschied, dass diese Trends jetzt im Markt tatsächlich ankommen. Videoanalyse ist heute dank Deep Learning um Längen besser und ermöglicht eine viel präzisere Objektklassifizierung als noch vor wenigen Jahren: Die Algorithmen lernen selbständig und schneller und erkennen beispielsweise Personen und Kraftfahrzeuge mit viel größerer Zuverlässigkeit als früher. Außerdem machen Cloud-basierte Systeme das Leben einfacher, die Stichworte lauten hier: Remote-Zugriff, Skalierbarkeit, Cybersicherheit, Flexibilität.
Und zu guter Letzt bietet die vernetzte Zutrittskontrolle den Endanwendern sehr viel Komfort. Diese Kombination schafft durch neue Funktionen neue Möglichkeiten und erleichtert das Arbeiten durch einfache Bedienbarkeit.
VIEW: Wechseln wir von der Panoramaperspektive zur Nahaufnahme: Markus, du bist als Key Account Manager tagtäglich ganz nah an den Kunden. Sind wir aus deiner Sicht in Deutschland schon so weit, sind diese Themen schon bei Sicherheitsfacherrichtern und Endkunden angekommen?
Markus Mikuta (MM): Tatsächlich beschäftigen diese Themen unsere Kunden bereits seit Jahren. Aber im vergangenen Jahr hat eine Intensivierung stattgefunden. Es herrscht z. B. verstärkte Nachfrage bei der Deep-Learning-gestützten Objekterkennung und integrierten Lösungen. Stark im Kommen sind auch webbasierte, intuitive Benutzeroberflächen, weil die Lösung komplett verteilt werden kann:
Alle Daten werden zu Controllern gesendet, dort sitzt die Intelligenz und macht das Ganze einfacher. Was Cloudbasierte Anwendungen betrifft, sehen wir Lösungen für digitales Termin- und Wartezeitmanagement in Kombi mit Zutrittskontrolle im Aufwind. Bei der Zutrittskontrolle sehe ich übrigens derzeit Karten und Bluetooth-Smartphones vor biometrischen Authentifizierungsverfahren wie Fingerabdruck-Scans.
VIEW: Dabei wurde Biometrie vor nicht allzu langer Zeit als das nächste große Ding gehandelt. Beate, was ist deiner Meinung nach der Grund für das nachlassende Interesse?
BMY: Das ist eine Folge der Pandemie Fingerabdruck ist Kontakt, und Kontakt ist derzeit nicht gewünscht. Ein zweiter Grund ist der Datenschutz. Für die Speicherung und Nutzung von personenbezogenen, insbesondere aber biometrischen Daten gibt es keine allgemein gültige Regelung.
Klar, im kleinen, geschlossenen Umfeld einer Firma ist das kein Problem. Anders sieht es im öffentlichen Bereich aus.
Dominik Mizdrak (DM): Das deckt sich mit meinen Erfahrungen. Das war und ist ein Riesenthema. Es mag einfach klingen, so ein System zu implementieren. Ist es aber nicht, denn hier müssen vielfältige Konformitätsanforderungen erfüllt werden, die von Land zu Land unterschiedlich ausfallen. Natürlich sind diese formalen Hürden nicht unüberwindlich, das Regelwerk macht es mitunter nur schwierig, die eine oder andere Technologie einzusetzen.
BMY: Wobei uns auch hier Technologie helfen kann:
Wenn ein Algorithmus Gesichter verpixeln kann, leistet dieselbe digitale Technologie, deren Möglichkeiten datenschutzrechtliche Bedenken aufwerfen, einen wichtigen Beitrag zur Durchsetzung des Datenschutzes.
Nehmen wir Business-Intelligence-Anwendungen im Einzelhandel wie zum Beispiel die Personenzählung:
Hier brauchen wir keine Aufnahmen von Gesichtern, es werden nur anonymisierte Metadaten gesammelt und ausgewertet. Das Recht auf informationelle Selbstbestimmung des Einzelnen bleibt gewahrt.
VIEW: Dominik, du bist relativ neu in der Branche. Gibt es vielleicht Erfahrungen oder Erwartungen, die du aus deiner Zeit im IT-Dienstleistungssektor mit uns teilen kannst?
DM: Für mich war es zu Beginn meiner Zeit bei VIDEOR sehr interessant zu sehen, welche der von euch genannten Trends und Technologien in der Sicherheitstechnik schon angekommen sind oder kurz vor der Einführung stehen. Ich denke, dass es nicht um die Frage geht, ob, sondern wann diese Technologien eingeführt werden.
Ich war im Flughafenumfeld sehr aktiv, dort haben wir IT-Systeme implementiert und uns eingehend mit Zutrittskontrolle mittels